Rezension ~ Das Leben vor uns von Kristina Gorcheva-Newberry

 
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“Melancholisch und bedrückend.”

 

Klappentext

Was bedeutet es, in den letzten Jahren der Sowjetunion erwachsen zu werden - in einem Staat kurz vor dem Zerfall? Dieser Roman verwebt auf beeindruckende Weise die turbulente Geschichte eines Landes mit dem Schicksal einer verlorenen Jugend und erzählt dabei von einer unerschütterlichen Freundschaft zweier Mädchen zwischen Unsicherheit und Aufbruch.

(c) H. C. Beck

Erster Satz

“Milka Putowa war seit der ersten Klasse meine Freundin, fast so lange, wie ich denken kann.”

Im Vorfeld

Das Buch habe ich bei einer Buchverlosung von LovelyBooks gewonnen. Die Farbkombination des Covers hat es mir auf den ersten Blick angetan und Neugier auf den Klappentext geweckt, den du oben lesen kannst. Dieser wiederum hat in mir den Wunsch geweckt, das Buch, welches in der Sowjetunion in den 80ern spielt, zu lesen. Da ich selbst viele Menschen kenne, die zur damaligen Zeit in Russland gelebt haben, wollte ich wissen, ob und was davon im Buch zu lesen sein würde.

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Das Buch und meine Meinung

Wie der Klappentext bereits verrät, geht es um die Freundschaft und Jugend in der Sowjetunion, am Beispiel von Anja und Milka. Diese kennen sich von klein auf. Während die ersten gemeinsamen Jahre relativ schnell erzählt werden, erhalten insbesondere die Jahre kurz vor ihrer Volljährigkeit viel Raum in der Geschichte. So auch die Zeit, in der sie Freundschaft und Liebesbeziehungen zu zwei Jungen aus ihrer Klasse pflegen.

Allerdings konzentriert sich das Buch nicht nur auf die Entwicklung der beiden, sondern auch auf die politische und gesellschaftliche Lage im Land. Diese wird meist durch die Familien und Nachbarn wiedergegeben. Ebenso durch die Erzählungen von Anjas Großmutter mütterlicherseits, die bei ihr und ihren Eltern lebt.

Dabei ist das Buch in zwei Teile untergliedert, wobei der erste ungefähr zwei Drittel einnimmt. Der zweite Teil dreht sich um Anja und ihr Leben als Erwachsene. Insgesamt hat die Autorin einen guten Schreibstil, auch wenn sich die Geschichte etwas hinzieht. Die Beschreibungen sind ausführlich ohne zu sehr überladend zu wirken. Zugleich fehlte mir aber auch die Spannung. Praktisch jedes Ereignis konnte ich vorausahnen, was das Lesen nicht sonderlich aufregend gemacht hat.

Schön war es, dass die Autorin es schaffte, die Charaktere gut und glaubwürdig zu beschreiben, als die Teenager, die sie nun einmal sind.

Schwierigkeiten hat mir allerdings die Atmosphäre bereitet. Das Buch ist sehr bedrückend geschrieben. Ich hatte den Eindruck, als bewege ich mich in einer grauen Welt, ohne Licht und Hoffnung. Zwar wurden hier und da auch einige erfreuliche Ereignisse erzählt, aber in Summe war das Buch düster geschrieben. Das hat mich immer wieder dazu gebracht, Pausen zu machen, sodass sich das Lesen stark hingezogen hat. Teilweise habe ich mich auch gefragt, ob das mehr an mir lag, als am Buch, weil es sich so konstant durchzogen hat.

Als ich aber den zweiten Teil begonnen habe, war ich beruhigt. :D

Der zweite Teil liest sich deutlich einfacher und “schwereloser” als der Erste. Die Düsternis war kaum mehr vorhanden und das Lesen hat wirklich Spaß gemacht. Zumindest bis auf die letzte Szene. Diese hat mir das Ende des Buches kaputt gemacht. Sie fühlte sich nicht an, als würde sie dazugehören.

Bei anderen Rezensenten habe ich gelesen, dass sie die Sprache der Freunde untereinander nicht mochten. Vulgär und dergleichen. Ich sehe da weniger ein Problem, schließlich sind das Jugendliche und Romanfiguren, die ihren eigenen Charakter brauchen. Etwas künstlerische Freiheit darf ruhig sein. Insbesondere, weil es auch der Realität entspricht, wenn sich Jugendliche mal so ausdrücken. Mehr oder weniger zumindest.

Ebenso die Ereignisse der Geschichte. Solche Dinge sind natürlich nicht schön. In einer idealen Welt sollte es sie nicht geben. Und dennoch: Es gibt sie und zu einem Guten und ehrlichen Buch gehören leider auch solche Dinge. Die Figuren leiden und leben. Das ist ja nicht Utopia oder dergleichen. :D

Was mich mehr stört, ist das sehr negative und graue Bild, welches das Leben der jungen Menschen in der Sowjetunion darstellt. Die Geschichte vermittelt den Eindruck - auch weil Beziehungen zu anderen Mitschülern außerhalb der Vierergruppe kaum erzählt werden - dass alle Teenager in der damaligen Zeit in der Sowjetunion ein schlechtes Leben hatten. Das stimmt jedoch nicht. Ich würde mir wünschen, dass das Leben der Figuren nicht so düster und schlecht dargestellt würde. Damit wäre auch die Atmosphäre eine andere.

So. Jetzt hast du einen Eindruck darüber gewonnen, warum es mir so schwergefallen ist, dieses Buch zu bewerten. Drei Sterne erscheinen zu wenig. Vier wiederum zu viel, wenn ich es mit anderen vergleiche, die mir gefallen haben. Ich lasse es aber bei vier, weil ich daran glaube, dass sie Autorin sowohl die Eindrücke als auch die Düsternis bezweckt und dadurch einen guten Job gemacht hat.

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Allgemeines zum Buch

Erscheinungsdatum: 17.08.2022

Seiten: 359

Genre: Gesellschaftsroman, Entwicklungsroman

Verlag: H. C. Beck

ISBN: 978-3406791314

Preis: 25,00 € (Hardcover mit Schutzumschlag)


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Letzter Satz

“Hinterher lagen wir noch eine Weile still da, zitternd wie erschrockene Teenager in einem Kokon aus Schatten, die miteinander ringen, lauthals an den Wänden und Decken lärmen - schöne, schiefe Flecken aus Licht und Finsternis.”


Autoreninfo

Kristina Gorcheva-Newberry wuchs in Moskau auf, studierte dort an der Staatlichen Linguistischen Universität und arbeitete anschließend als Lehrerin und Dolmetscherin, bevor sie in die Vereinigten Staaten emigrierte, wo sie außerdem Englisch und Kreatives Schreiben studierte. Ihre Kurzgeschichten wurden mehrfach ausgezeichnet, "Das Leben vor uns" ist ihr erster Roman.



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Dies ist ein Rezensionsexemplar, welches mir freundlicherweise bei einer Buchverlosung von LoverlyBooks zur Verfügung gestellt wurde. Danke!


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